Selbst Müdigkeit konnte MdEP Michael Gahler nicht davon abhalten beim Europa-Abend der CDU Hofheim am vergangenen Freitag Klartext zu reden. Erst tags zuvor war er noch in seiner Funktion als sicherheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament von einem Besuch an der syrisch-türkischen Grenze zurückgekommen. Die mehr als 40 Gäste konnte er dennoch fesseln mit seinen Einblicken in die große EU-Politik.
Ausführlich ging Gahler natürlich auf die Entwicklungen rund um den Brexit ein. Für das künftige Abkommen sei entscheidend, dass der EU-Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten (freier Personenverkehr, freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr) unbeeinträchtigt bleibt. „Ganz grundsätzlich gilt, dass es faire Wettbewerbsbedingungen und niedrige Handelsbarrieren geben muss. Für uns als EU ist dabei der Maßstab, dass es keinen Abwertungswettlauf geben darf“, erläuterte Gahler die EU-Position. Ebenso klar sei, dass ein Drittstaat nicht die gleichen Rechte und Vorzüge genießen könne wie ein EU-Mitgliedstaat. Aber die Briten würden noch einsehen, dass sie die EU mehr brauchen als umgekehrt. „Mit unseren britischen Freunden zusammen sollten wir Beziehungen anstreben, die über eine reine Handelspartnerschaft hinausgehen und einzigartig sind: Zusammenarbeit in den Bereichen Automobil, Pharma, und Chemie, den für Hessen wichtigen Industrien, aber auch bei Finanzdienstleistungen, Klimaschutz, Fischerei, Energie, Verkehr sowie äußere und innere Sicherheit – alles das könnte eine besondere Partnerschaft umfassen.“ Im Rahmen der anschließenden Fragerunde mit den Gästen wurden auch die Städtepartnerschaft von Hofheim und Tiverton sowie die Auswirkungen des Brexit hierauf thematisiert.
Gahler sprach außerdem einige andere aktuelle EU-Themen an. Zur Entwicklung des Populismus betonte er: „Es ist eine große Verunsicherung festzustellen. Viele suchen einfache Antworten und nationalistische und populistische Parteien geben vor diese zu haben.“ Gahler distanziere sich von solchen Parteien „mit menschenverachtender Sprache, die zudem wie in nationalen Parlamenten auch im EU-Parlament rein destruktiv aufgestellt sind.“
„Wir brauchen ein Europa der Stärke, der Werte und ein Europa, das schützt. Das größte Friedensprojekt der Nachkriegszeit ist bedroht. Europa braucht einen funktionierenden Binnenmarkt und eine stabile Währung“ thematisierte Gahler auch die notwendigen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftlich erfolgreiche EU. „Die CDU ist die einzige Partei, die gegen ein zügelloses Schuldenmachen, gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden und gegen ein sozialromantisches Projekt ist, in dem Deutschland am Ende der Zahlmeister ist.“ Nötig seien ein Innovationsbudget, um auch bei Zukunftsthemen wieder Anschluss zu bekommen, weitere Freihandelsabkommen, eine gerechte Besteuerung von Großunternehmen und ein wirksamer Klimaschutz statt nationaler Nabelschau.
Der CDU-Vorsitzende Christian Vogt, der eingangs begrüßte und die Fragerunde moderierte, sagte: „Wir dürfen die Europäische Union nicht als selbstverständlich ansehen.“ Er warnte davor, mit den Errungenschaften der europäischen Wertegemeinschaft fahrlässig umzugehen. Er selbst, Jahrgang 1979, habe weder die Mauer in Berlin noch Schlagbäume an den Grenzen selbst kennengelernt. „Dass wir gemeinsam seit 1945 eine Phase des Friedens und Wohlstands haben, ist nur mit der europäischen Idee und dem Zusammenwachsen Europas zu erklären“, betonte Vogt.
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